Für Journalist*innen sind presserechtliche Auseinandersetzungen teils mehr Arbeit als die Recherche selbst. Warum es sinnvoll ist, sich mit der Materie zu beschäftigen, erläutern zwei Investigativreporter der SZ. Denn man kann daraus auch Einiges für die journalistische Arbeit ziehen.
Ob Gewaltvorwürfe gegen den Tennisstar Alexander Zverev oder die dubiosen Machenschaften von Tierhändlern, die den größten Zoo der Welt in Indien beliefern (hinter dem eine bei der Belieferung des größten Zoos der Welt in Indiender reichsten Familien der Welt steht): Christoph Cadenbach und Sebastian Erb haben in den vergangenen Jahren in Teams der Süddeutschen Zeitung mehrfach Artikel recherchiert, über die seitdem heftig und langwierig vor Gericht gestritten wird. Die presserechtliche Auseinandersetzung ist teils mehr Arbeit als die eigentliche Recherche.
In dieser Session erzählen die beiden Reporter davon, dass man – gute rechtliche Vertretung vorausgesetzt – als Journalistin keine Angst vor langen Schriftsätzen und wortstarken Anwältinnen haben muss – und dass die presserechtliche Seite der journalistischen Arbeit sogar ein bisschen Spaß machen kann.
Sie berichten, was sie zwischen Antragsschriften und Gerichtsverhandlungen für ihre Arbeit gelernt haben:
Man darf sich von juristischer Sprache nicht aus dem Konzept bringen lassen und schon gar nicht von Fake-Drohschreiben.
Man kann es mit Konfrontationen auch übertreiben.
Ein Presserechtsstreit kann auch bei der Recherche helfen.
Es ist ein Vorteil, als Reporter selbst bei den Verhandlungen der Pressekammern/-senate dabei zu sein.
Man kann auch Eidesstattliche Versicherungen einsetzen, ohne Quellen ans Messer zu liefern.
Bei der Berichterstattung über Straftaten kann man eigentlich nichts richtig machen (und doch wieder alles).
Recherche zu Alexander Zverev:
https://www.sueddeutsche.de/projekte/artikel/politik/zverev-patea-strafbefehl-tennis-justiz-haeusliche-gewalt-e810642/
https://uebermedien.de/105856/comeback-einer-geloeschten-recherche
Recherche zu Wildtierhandel:
https://www.sueddeutsche.de/projekte/artikel/panorama/podcast-spix-ara-papageienkoenig-martin-guth-artenschutz-e688038/
https://www.sueddeutsche.de/medien/indien-gericht-vantara-zoo-berichterstattung-medien-li.3316345
Sebastian Erb ist seit Mai 2023 Redakteur im Ressort Investigative Recherche der Süddeutschen Zeitung in Berlin. Davor arbeitete er als Investigativreporter bei der taz. Er beschäftigt sich vor allem mit Themen der inneren Sicherheit, MeToo und zuletzt auch internationalem Wildtierhandel. Seine Recherchen, vor allem zu Rechtsextremismus in Bundeswehr und Polizei, wurden mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit Platzierungen beim Wächterpreis, dem Otto-Brenner-Preis und dem „Langen Atem“. Zweimal war er Mitglied des "Team des Jahres" des Medium Magazins. Er gibt Seminare zu investigativer Recherche, unter anderem an der Deutschen Journalistenschule, seiner alten Ausbildungsstätte. Fact-Checking macht er auch gerne offline: Er hat den angeblich kürzesten Fluss der Welt nachgemessen und gewann mit der Bühnenversion der Recherche den ersten Berliner Reporterslam.
Christoph Cadenbach ist seit September 2022 Redakteur im Ressort Investigative Recherche bei der Süddeutschen Zeitung. Zuvor war er 13 Jahre lang als Reporter für das Magazin der Süddeutschen Zeitung unterwegs. Seine Schwerpunkte sind Umwelt- und Klimarecherchen, Ausbeutung in der Arbeitswelt, Migration, Flucht, Kriminalität. Seine Texte wurden mehrfach ausgezeichnet. Cadenbach studierte Medienwissenschaften und hat eine Ausbildung an der Berliner Journalistenschule absolviert.
